Die Ahnungen itber das Ende der Kunstperiode leiten sich sowohl von der Erstarrtheit a¨sthetischer Rezeption und Produktion als auch von der Funktionslosigkeit der Kunst her. Hegels Satz vom Ende der Kunstperiode weist nicht auf den Tod der Kunst hin...
Die Ahnungen itber das Ende der Kunstperiode leiten sich sowohl von der Erstarrtheit a¨sthetischer Rezeption und Produktion als auch von der Funktionslosigkeit der Kunst her. Hegels Satz vom Ende der Kunstperiode weist nicht auf den Tod der Kunst hin, sondern auf den Vergangenheitscharakter der Kunst. Insofern ist seine Diagnose ein a¨sthetischer Versuch, die Kunst geschichts philosophisch afrufassen. Sein Kunstbegriff, der in der Idee der Kunst zur U¨berwindung der Lebensnot gebraucht wird, fordert eine geschichtliche Form der Wahrheit. In diesem Zusammenhang wird der Inhalt, der die Freiheit des Geistes beschra¨nkt, ausgeschlossen.
Wegen des Einsatzes der Ironie und des subjektiven Humors wind die romantische Dichtung, die eine große Neigung zur Flucht in die Innerlichkeit zeigt, nicht als gesellschaftliche Praxis angesehen. Die absolute Subjektivita¨t, die sich wie in der romantischen Dichtung nicht mit dem Objektiven einigt, zielt auf die Distanzierung von der Wirklichkeit ab. Deswegen wird die Identifikation von Dichter und dem literarischen Inhalt nicht mehr aufrechterhalten.
Heine lehnt nicht nur die romantische Dichtung als die Wiedererweckung der Poesie des Mittelalters ab, sondern auch Hegels idealistische A¨sthetik und stimmt auch dabei nicht dem organischen Verha¨ltnis der Kunst zur Wirklichkeit zu. Indem er mit der Technik des Ironisch-Satirischen das Zeitliche in die Dimension des Geistes transponiert, versucht er, das A¨sthetische und das Politische der Tendenzdichtung zu vermitteln. Wa¨hrend Heine in der parodistischen Dichtung die produktive Harmonie von Kunst und Gesellschaft herzustellen hofft und das Ende der Kunstperiode u¨berwinden will, sieht Luka´cs, der a¨sthetische Nachfolger Hegels, die historische Entwicklung der Gesellschaft ein und versucht in der Perspektive des objektiven Realismus, der Krisensituation der avantgardistischen Kunst und Literatur zu entkommen.
Auch in der avantgardistischen Kunst und Dichtung ist Hegels idealistische A¨sthetik der Gegenstand der Ablehnung. Die avantgardistische Dichtung, die durch Symbolismus, futuristische A¨sthetik und expressionistischen Subjektivismus beeinflußt wird, scha¨tzen Benjamin und Adonno positiv ein, weil ihre Funktion der Entwicklung der Geschichte votangeht Einerseits 1a¨ßt die avantgatdise Dichtung die naturalistische Darstellung des menschlichen Lebens in Extreme verlaufen und im Gegensatz dazu verachtet sie andererseits auf den Widerspiegelungseffekt in Luka´cs' Sinne. Sie erstrebt nicht die Aktualisierung des Sinnes, der in der Wirklichkeit kiinstlerisch entdeckt wind.
Benjamins Erkenntnis, daß die Eldstenz der auratischen Kunstwerke im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit nicht mehr mo¨glich ist, wendet sich zum Interesse an der Vergro¨ßerung des Ausstellungswertes in der avantgardischen Kunst und Dichtung. Adorno, der die subjektive Neigung und Abstraktion des Avantgardismus auch positiv sieht, will durch Kunstautonomie die sthetische Wahrheit erreichen. In der Paradoxie, daß er in der Ablehnung der außerasthetischen Absicht der Kunst u¨ber die Weltsituation kritisch refiektiert, u¨bernimmt er nicht die These vom Ende der Kunst.
Wa¨hrend der Avantgardismus eine Reaktion auf das im kapitalistischen Entwicklungsprozeß erscheinende Krisenbewußtsein ist und auf die Negativita¨t der Kunst und Literatur Gewicht legt, sucht die entautonomisierte Dichtung der Postmoderne nach der ku¨nstlichen Identifikation von Leben und Kunst. Diese Identifizierung nach dem Ende der sogenannten symbolischen Dichtung ist ein radikaler Weg zum Nachholen der zurilckgezogenen Subjektivitat. Die Forderung des neuen Realismus, die von Hegels a¨sthetischem Realismus bis zum melancholischen der Postmoderne immer wieder gestellt wird, gilt jedenfalls als Orientierung fu¨r die Literatur am Ende der Kunstperiode.