Kleist und Kafka entdecken frihzeitig den Widerspruch zwischen ihrem Ich, und den gesellschaftlichen Zwiingen. Kleist opponiert gegen die Familientradition, das Ethos des predischen Offizierskorps, die Pflichten als Beamter und Staatsbiirger. Kafka s...
Kleist und Kafka entdecken frihzeitig den Widerspruch zwischen ihrem Ich, und den gesellschaftlichen Zwiingen. Kleist opponiert gegen die Familientradition, das Ethos des predischen Offizierskorps, die Pflichten als Beamter und Staatsbiirger. Kafka sieht sich den Erwartungen der Familien, des Prager Biirgertums und des leiblichen Vaters in einer Vatergesellschaft konfrontiert. Wie Kleist empfindet Kafka den Konflikt zwischen Biiroarht wie Beamtendasein und der personlichen Neigung. Kleist versucht zu fliehen und bricht durch den Selbstmord alle Briicken zur irdischen Welt hinter sich ab. Dagegen schlieht
Kafka mit dem Leben einen Kompromiss und vertagt die Entscheidung zum Freitod.
Kleist findet die grenzlose Verwirklichung seines Ichs nur im frei gewaten Tod. Doch im Gegensatz zu Kleist ist fur K&a der Freitod keine gem& Entscheidung. Zwar bekennt auch Kafka mehrfach Lust zum Tod in seinen Briefen und Tagebuchern, vergegenwdrtigt er den Tod nicht real als seinen Tod. Es ist der Tod der von ihm selbst geschaffenen Gestalten, den er agierte und inszenierte, nicht aber sein eigener Tod. Als Abschulss eines sinnlosen, nicht erfiillten Seins erscheint Josef K. im Prozess~ das Sterben nur als ein physisches Phiinomen. Schliehlich stirbt er wie ein Hund . Da der Tod ihm keine sinnvolle und entgiiltige Ergiinzung des Lebens ist, bleibt ihm nur die Scham uber ein verpfuschtes Leben und Sterben. In der Strafkoloniea ist der Tod in der Maschine nicht Folter, die dem Offizier die Einsicht in seine Schuld und dadurch Befreiung, Suhne und Erlosung schenken kann, sondern ist nur unmittelbarer Mord wie an Josef K., weil die Maschine in Tfimrner geht und versagt.
In der Verlobung in St. Domingo, wirkt der Affekt des Helden nicht nur im Totschlag Tonis, sondern auch in Selbstmord. Die Wendung durch Erkenntnis des wahren Sachverhaltes kommt plotzlich. Lediglich eine Geb2de verrat seinen Schmerz: Gustav raufte sich die Haare. Dann begeht er Selbstmord. Hier diirfen zwei Momente interpretiert werden: Verzweiflung und Suhne. Der Tcd befreit Gustav vom Leid und verlobt ihn mit der Geliebten Toni nwhmals. So kann auch der Frejtod Penthesileas erklw werden. Die selbstvergessene Wallung heischt Siihne, die Penthesilea von der Welt, in der die hazone nach ihrem grauenvollen Mord nicht weiterleben kann, befreit. Siihne und Erliisung motivieren auch die Todesbereitschaft des Prinzen von Homburg. Durch die bindung seiner Tcdesfurcht streift er das Irdische von sich und steigt auf in die Freiheit. Hier ist der Tcd die Entscheidung fur den Wert des erlosenden Lebens.