Das Ziel dieser Studie ist es den kognitiven Mechanismus bei der Verarbeitung der Sprechintention in einer Muttersprache (Koreanisch) und in einer Zweitsprache (Deutsch) durch eine neuropragmatische Forschung zu identifizieren. Zu diesem Zweck werden ...
Das Ziel dieser Studie ist es den kognitiven Mechanismus bei der Verarbeitung der Sprechintention in einer Muttersprache (Koreanisch) und in einer Zweitsprache (Deutsch) durch eine neuropragmatische Forschung zu identifizieren. Zu diesem Zweck werden EEG-Experimente mit besonderem Fokus auf indirekten Aufforderungen und Ironie in der Muttersprache und der Zweitsprache durchgeführt.
Diese Studie wählt indirekte Aufforderungen sowie Ironie als Forschungsgegenstände, weil die beiden Sprechtypen den indirekten Sprechakten aus Sicht von Searle(1969) und partikularen Konversationsimplikaturen aus der Sicht von Grice(1989) entsprechen, aber unterschiedliche Sprechabsichten haben. Eine indirekte Aufforderung hat die Absicht, den Wunsch des Sprechers, dass der Zuhörer eine bestimmte Handlung X in der Zukunft auszuführt, zu vermitteln. Im Gegensatz dazu hat die Ironie hat die Absicht, die genau entgegengesetzte Bedeutung der wörtlichen Bedeutung des geäußerten Satzes zu vermitteln, anstatt um die Ausführung einer Handlung zu bitten. Mit Hilfe dieser beiden Sprechtypen werden zwei Teilziele in dieser Studie verfolgt, um den kognitiven Mechanismus bei der Verarbeitung der Sprechabsichten aufzudecken.
Das erste Teilziel dieser Studie ist es, den kognitiven Mechanismus der Erarbeitung der Sprechabsicht durch neurolinguistische Methoden zu identifizieren. Insbesondere will die Studie einen empirischen Grund dafür angeben, dass die Diskussion, ob der kognitive Mechanismus bei der Verarbeitung der Sprechabsicht dem „seriellen modularen Modell“ oder „parallelen interaktiven Modell“ folgt, noch nicht abgeschlossen ist. Daher werden Event-related potential (ERP) und Time-frequency analysis (TFA) Forschungen mit Verwendung von Elektroenzephalografie (EEG) durchgeführt, um den kognitiven Mechanismus bei der Verarbeitung der Sprechabsicht in Echtzeit zu messen und zu analysieren.
Das zweite Teilziel dieser Studie ist es, den kognitiven Mechanismus der pragmatischen Sprachphänomene von Fremdsprachenlernern zu identifizieren. Die meisten Sprachstudien zu Fremdsprachenlerner konzentrierten sich bisher auf die phonetische-, phonologische-, semantische- und morpho-syntaktische Verarbeitung. Nur sehr wenige Forschungen wurden zu dem kognitiven Mechanismus bei der pragmatischen Verarbeitung von Fremdsprachenlernern durchgeführt. Aus diesem Grund untersucht das zweite Teilziel dieser Studie den kognitiven Mechanismus bei der Verarbeitung der Sprechabsicht für indirekte Aufforderungen und Ironie von den koreanischen Muttersprachlern, die Deutsch auf dem Niveau B2+ sprechen. Dabei wird erwartet, dass ein breiteres und tieferes Verständnis des kognitiven Mechanismus bei der Verarbeitung der Sprechabsicht gewonnen werden kann.
Die Ergebnisse dieser Studie bestätigen drei folgende Punkte. Erstens entspricht der kognitive Mechanismus bei der Verarbeitung der Sprechabsicht dem seriellen modularen Modell. Entdeckte ERP- und TFA-Elemente sind je nach Sprachtypen und die Sprachen unterschiedlich, aber diese Studie bestätigt, dass sowohl die Muttersprachen- als auch die Fremdsprachenverarbeitung einen sequenziellen Prozess durchlaufen, der zuerst die sprachlichen Informationen strukturell verarbeitet. Erst dann identifiziert der Hörer die tatsächliche Sprechabsicht des Sprechers. Hauptsächlich wird es dadurch bestätigt, dass die Indizes für die pragmatische integrierte Verarbeitung - das ERP-Element P600 und TFA-Index Gamma-Synchronisierung – am Ende des Satzes erhöht sind. Dieses Ergebnis zeigt, dass die Verarbeitung der Sprechabsicht dem seriellen modularen Modell entspricht.
Zweitens gibt es besondere Merkmale der pragmatischen Verarbeitung je nach Sprachtypen. Bei der indirekten Aufforderung vermittelt die Äußerung des Sprechers eine von der wörtlichen Bedeutung des Satzes abweichende Sprechabsicht, aber die wörtliche Bedeutung des Satzes wird nicht wie bei der Ironie verletzt. Tatsächlich werden in dieser Studie bei den Muttersprachlern nur für die Ironie die ERP- und TFA-Indizes für die semantische Verletzung – N400 und Gamma-Desynchronisierung – entdeckt. Im Gegenteil dazu wird P600 bei der Aufforderung am Beginn des Satzes gefunden. Das zeigt, dass es bei der indirekten Aufforderung, bei der Zuhörer die von dem Sprecher gewünschte Handlung anerkennen muss, die Identifizierung der Absicht im Vordergrund steht.
Drittens unterscheidet sich die Modalität bei der Verarbeitung der Sprechabsicht zwischen Muttersprache und Fremdsprache. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass die fremdsprachliche Verarbeitung, im Gegensatz zur muttersprachlichen Verarbeitung, keine Indizes für die pragmatische integrierte Verarbeitung wie P600 oder Gamma-Synchronisierung zeigen. Vielmehr hängt die Verarbeitungsmodalität der Fremdsprache stark vom semantischen Verarbeitungsprozess ab. Während zum Beispiel die muttersprachliche Verarbeitung der Aufforderung nur P600 zeigt, wird nur N400 schon zu Beginn der fremdsprachlichen Verarbeitung der Aufforderung entdeckt. Zusätzlich wird das ERP-Element P200, dass das anfängliche semantische Analyseverfahren repräsentiert, ohne P600 bei der fremdsprachlichen Verarbeitung der Ironie gefunden. Dies kann verschiedene Ursachen haben, wurde aber das Ergebnis wird in dieser Studie so interpretiert, dass es die Konsequenz der unvollständigen morphosyntaktischen Kenntnisse der Zielsprache gemäß der ‚Shallow Structure Hypothesis‘ ist.