In der vorliegenden Arbeit wird versucht, die Krankheitsmetaphorik bei Thomas Bernhard aufzuzeigen, wobei von Krankheit als Metapher von Susan Sontag ausgegangen wird. In diesem Buch fordert Sontag, dass die Krankheit nicht als Metapher fur etwas, son...
In der vorliegenden Arbeit wird versucht, die Krankheitsmetaphorik bei Thomas Bernhard aufzuzeigen, wobei von Krankheit als Metapher von Susan Sontag ausgegangen wird. In diesem Buch fordert Sontag, dass die Krankheit nicht als Metapher fur etwas, sondern als Krankheit selbst angesehen werden sollte. Nach Sontag ist nichts so "strafbar, als einer Krankheit eine Bedeutung zu verleihen, da diese Bedeutung unausweichlich eine moralische ist." In seiner Auseinandersetzung mit dem Buch von Susan Sontag hingegen meint Thomas Anz, die Auffassung von der selbstverschuldeten Krankheit sei langst uberholt. Vielmehr sieht er die dominierende Tendenz der deutschsprachigen Literatur in den 70er und 80er Jahren darin, "das Individuum zu entschuldigen, alle Schuldzuweisungen von ihm weg und zu seiner sozialen Umwelt zu verschieben". Diese Erklarung trifft auch auf Thomas Bernhard zu. Besonders in Die Ursache wird das Ich durchgehend als ein Opfer der Umstande geschildert. Diesen Lebensumstanden wird die Schuld zugeschoben, um sich der eigenen Verantwortung zu entziehen.
Bei Bernhard wird Krankheit als Voraussetzung zur Steigerung der geistigen Leistungsfahigkeit geschildert. So kann man durchaus von einer Adaption der Krankheitstheorie von Novalis’durch Bernhard sprechen. Aber der Unterschied zwischen den beiden darf dabei nicht ubersehen werden. Wahrend bei Novalis Krankheit den Preis fur den Gewinn der Gottheit bedeutet, ist sie bei Bernhard nur ein Mittel, um zu sich selbst zu finden. Krankheit ist jedoch fur beide eine notwendige geistige Entwicklungsphase.
Bei Bernhard konnen Skepsis und Misstrauen, die letztlich nur ein Mittel sind, um ein neues Selbstverstandnis oder gar Selbstvertrauen zu erlangen, als ein positiver Teil von Krankheit angesehen werden. Im Schlussteil dieser Arbeit wird am Beispiel von Wittgensteins Neffe dargelegt, auf welche Art und Weise Bernhard Krankheit als Lehrweg beschreibt.